„Verbindungen“, unter diesem Thema zeigt die Galerie [ Der Lokschuppen ] in einer Gemein-schaftsausstellung Skulpturen von Peter Bergmann und Fotografien von Berthold Grzywatz.
Berthold Grzywatz
NATUR, MYTHEN, INNENWELT.
Zum skulpturalen Werk von Peter Bergmann
Der in Ostpreußen geborene, in Eutin aufgewachsene und heute in Heikendorf bei Kiel lebende Bildhauer Peter Bergmann ist über den Weg des kulturpolitischen Engagements zur Kunst gekommen. Erinnert sei nur an seine Mitgliedschaft im Gründungsvorstand des Stifterkreises der Kunsthalle zu Kiel oder an seine langjährige Arbeit als Kurator der Kunstausstellungen im Neuen Botanischen Garten der Kieler Christian-Albrecht-Universität.
Holz, Beton und Stahl bilden variationsreich die Materialbasis seiner Werke. Gleichwohl kann dem in geradezu üppiger Vielfalt verwendeten Holz eine zentrale Rolle eingeräumt werden. In der organischen Form findet Bergmann Inspiration zur Inszenierung des skulpturalen Objekts, das zum Symbol für Zustände menschlicher Existenz wird. Farbe, Ornamente, figürliche und lineare Elemente legen Schicht um Schicht Bedeutungsebenen auf die Objekte; der Betrachter ist herausgefordert, sich auf ein intensives Schauen einzulassen.
Natur und Mythos begegnen sich im Wege der Sinnstiftung jenseits des rationalen Denkens. Das wird auch im Umgang mit modernen Werkstoffen wie Beton und Stahl deutlich, die Bergmann nicht in der stoffeigenen Materialästhetik präsentiert, sondern im narrativen Gewand aus Form, Farbe und Zeichen.
Die Auseinandersetzung mit Objekt und Werkstoff ist dabei nicht einseitig als eine Art imaginäre Annäherung zu verstehen, sondern dialektisch als Erforschen und Gestalten, das sich nicht dem Objekt überlässt, sondern diesem durch verfremdende Eingriffe Struktur verleiht.
Die farbliche Differenzierung der Oberflächen, der Einsatz von Bild-, Schrift- und Begriffszeichen sowie die Einbindung von figürlichen Elementen aus den Bereichen Natur und Umwelt verweisen auf ein mythisches Denken. Seit den Arbeiten von Claude Levi-Strauss wissen wir, dass die mythische Denkform auf einem prädiskursiven Denken gründet. D. h. ein nicht vernunftgeleitetes Denken, das gleichwohl nicht ohne Ordnung und Orientierungsmuster ist.
In der Verbindung von Mythen und Natur äußert sich die Sprache der Fantasie, spiegeln sich psychische Vorgänge und Tiefenstrukturen, entfaltet sich eine poetische Traumstimmung, die aus dem Unbewussten schöpft. Peter Bergmann tangiert mit seinen Werken die Kunst des Surrealismus, weniger seine frühe radikale, auf Selbstfindung angelegte Seite, als seine spätere ästhetische Orientierung, die sich dem symbolisch funktionierenden Objekt, seiner Rätselhaftigkeit und seinen Geheimnissen, verschreibt.
Berthold Grzywatz
Verbindungen
Fotografischer Werkzyklus
In meinem Werkzyklus „Verbindungen“ stehen Schrauben und Muttern als fotografische Gegenstände im Mittelpunkt des künstlerischen Anliegens. Als funktionale Träger fügen sie Teile zu einem Objekt, zu einem Ganzen zusammen. Der zu Grunde liegende Prozess stellt kein Sich verbinden, sondern immer eine bewusste Konstruktion dar, die einer rationalen Ordnung unterliegt.
Vielfältig inszeniert – allein, wenig auffällig, dann gewichtig oder monumental oder auch in Gemeinschaft, gepaart, mitunter gereiht und meistens farblich expressiv – thematisieren die funktionalen Objekte in den Fotografien Situationen des Gebrauchs. Auf diese Weise binde ich die Zeit als elementaren Faktor in meine fotografischen Arbeiten ein und mache die ausgewählten Objekte zu Metaphern der sozialen Lebenswelt.
Zugleich thematisiere ich verschiedene Zustände der Objekte: etwa die sorgfältig instand gehaltene oder durch die Wahl anspruchsvoller Materialien charakterisierte Ausführung innerhalb einer Anlage, ebenso dem Jetzt und seinen Aufgaben wie zukünftiger Dauerbelastung verpflichtet, oder die unter den Belastungen der Zeit korrodierte, mitunter vergessene Form. Überdies finden sich Zustände, in denen die Träger ohne Gebrauch sind, ja womöglich unter Spannung stehen, da sie neue Aufgaben erwarten.
Im Ergebnis des funktionalen Gebrauchs entsteht immer eine kommunikative Beziehung. Wenn wir die präsentierten Objekte in ihrer Geschichtlichkeit erkennen, ist mit dieser Beziehung der Egoismus des Ichs, mithin die zum Prinzip erhobene eigene Besonderheit, gleichsam überwunden. In der Konstruktion der Beziehungen wird das Ich demnach von sich selbst als ausschließlichem Orientierungspunkt befreit und damit zugleich die Möglichkeit eröffnet, sich selbst auf vermittelte Weise, d. h. durch das Miteinander mit anderen Menschen, zurückzuerhalten.
Wenn wir die Zeit, das sei abschließend gesagt, als einen entscheidenden Aspekt hervorheben, dann finden die Werke von Peter Bergmann und mir wieder eine Verbindung, denn in der Zeit unterliegt jede Ordnung nicht berechenbaren Belastungen, treffen Natur und Wissenschaft, vernunftgeleitetes Denken und mythische Denkmuster zusammen.
Ausstellungsimpressionen - Fotomontagen: