"Spannungsfelder" - die Galerie [ Der Lokschuppen ] zeigt Malerei von Helga Helmig (Kiel) und Metallskulpturen von Berthold Grzywatz
Berthold Grzywatz
NATURERFAHRUNG UND ABSTRAKTE KONSTRUKTION.
Zum Werk von Helga Helmig
Helga Helmig, langjährige Vorsitzende des Kunstbeirats der Stadt Kiel, strebt in ihren Bildern eine Farbintensität an, die sich in einer gegenstandslosen Sprache entfaltet. Die vielschichtige Inspirationsquelle dieser Werke ist die Natur. Die natürliche Umwelt stellt eine stete Herausforderung dar. Sie erzeugt ein Spannungs-verhältnis, auf das Helmig in abstrakten Gegensätzen reagiert, ohne diesen Ort als Fundament des persönlichen Befindens zu verlassen. Naturerfahrung und Abstraktion bedienen sich einer expressiven Farblichkeit, deren Schichtungen von spontanem Arbeiten künden mögen, in Wirklichkeit aber Ausdruck einer ebenso kritisch-reflektierenden wie konstruktiven Suche sind.
Wozu dient der Blick in die Natur oder in den Erfahrungsraum der Landschaft, die wir unmittelbar im Zustand der Kultur wahrnehmen und keineswegs im Zustand der Unberührtheit? Müssen wir den Naturbezug als Fluchtbewegung begreifen, gepaart mit dem Ausweichen in die Innerlichkeit? Die Natur mag als Ideal einer in sich stimmigen Erscheinung, als Schein einer besseren Welt daherkommen, in der der Mensch die entbehrte Selbstidentifikation findet. Aber Helga Helmig reagiert in ihrer Auseinandersetzung auf das Seherlebnis Natur mit Widerspruch. Da bleibt nicht einmal der Impetus der Aufklärung, in der Natur bzw. der Landschaft möchte sich der Mensch als mündiges Subjekt erfahren.
Das spontane Erleben der Natur oder des Raumes, den wir als Landschaft erfassen, kann also nur der Orientierung dienen. Es ist ein Lesen, das in der künstlerischen Umsetzung der Erfahrungen unter den vorgefundenen historischen Bedingungen Allgemeines und Besonderes miteinander vermittelt. Möglicherweise werden neue Sichtweisen oder Einsichten über die vorhandene und die ersehnte Wirklichkeit gefunden.
Die Künstlerin erlebt die Kommunikation mit der Natur in einem Spannungsfeld, auf dem sie sich als Mensch im Verhältnis von Freiheit und Bindung definiert. Im bildnerischen Duktus ihrer Werke wird die Natur zum Projektionsraum für eine Wertorientierung, die sich an der Rationalität der technisch-industriellen Zivilisation abarbeitet und nach den Defiziten des Humanen in der Gegenwart fragt. Die ästhetische Erfahrung verbindet sich mit einem politischen Denken, das nicht mit dem aufklärerisch offerierten Bestmöglichen zufrieden gestellt werden kann, sondern im Begehren einer anderen Welt über das Gegebene hinauswächst.
Ein Werk wie „Grenzen sollen Brücken werden“, das im Titel ein Zitat von Richard von Weizäcker aufnimmt, mag das konkret andeuten. Andere Arbeiten von Helga Helmig, genannt seien „Einflugschneise“ oder „Spannungsfeld“, verweisen auf die Risse im Hergebrachten. Diese Risse suchen sich im Fantastischen, in Nachtgespinsten oder in bildlich-emotionalen Eruptionen Bahn. In den Strukturen der Schichtungen, dem Zerschneiden der Flächen, dem Auflösen des Organischen in geometrischen Mustern wird eine vordergründige Zuversicht auf Glück entblößt. Gegenüber den Gefährdungen der Zeit hilft nur der wachsame Blick, die Negation der Verhältnisse, oder, aus der Sicht der Malenden, die widerständige Arbeit im Bild.
Technisch bevorzugt die Künstlerin Mischtechniken, sie verschließt sich aber auch nicht dem Acryl, den Dispersionsfarben oder der Gouache.
Berthold Grzywatz - Spannungsfelder
Die skulpturalen Werke von Berthold Grzywatz verweisen in ihrer Anlage weniger auf das Erleben der Natur als auf die Auseinandersetzung mit den Widersprüchen und Gefährdungen des modernen Ichs. Im Spannungsfeld zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Ideologie und Wissenschaft, zwischen Anspruch und Tun stehen Leben, Wunsch und Hoffnung in einem steten Konflikt, der thematisiert werden soll. Gleichwohl ist die bildnerische Arbeit bei Grzywatz nicht vom Wahrnehmen der Natur zu trennen, da ihre Formenvielfalt sowohl kreative Anregung als auch konkurrierender Widerpart zum Einfluss industriell orientierter Formen ist.
Ausstellungsimpressionen - Spannungsfelder: