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Priv.-Doz. Dr. phil. habil. Berthold Grzywatz


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Berthold Grzywatz - Die Verfolgten des National-sozialismus in der deutschen Nachkriegspolitik

Leseprobe: Schluss – „Vergangenheitsbewältigung zwischen Diktatur und Demokratie“, S. 534 f. (ohne Anmerkungen):

 

…Ein parteiliche Bindungen ignorierendes, an den allgemeinen Aufgaben der Zeit gebunde­nes Handeln war in der Demokratie illusionär, wie der unter dem Nationalsozialismus politisch Verfolgte Eugen Kogon nur knapp zwei Jahre früher im April 1948 festgestellt hatte, aber die Verfolgten des NS-Regimes, die keineswegs als Ver­band von Einflusslosen anzusehen waren, da zahlreiche Minister, Staatsekretäre, Parteipoliti­ker, Männer und Frauen in leitenden Positionen des öffentlichen Lebens zu ihnen gehörten, konnten Einfluss nehmen, jeder von ihnen an seinem Platz guten Willen beweisen, damit Deutschland wieder in ein Land des Rechts verwandelt wurde. Kogon war sich bewusst, die Nachkriegsgesellschaft musste mit dem Umstand leben, dass viele Hauptschuldige wie poli­tisch Belastete frei und unentdeckt waren, die deutsche Gesellschaft durch die "Schwäche ...der Idealisten, Ungläubigen, Machtgläubigen, Leichtgläubigen, Ängstlichen und Ahnungs­losen" gefährdet war, trotzdem musste die Demokratie keine Furcht haben, mit ihren Fein­den fertig zu werden, wenn nur das Volk "mittat". Auf den ersten Blick hatte es den An­schein, als wenn es keine Vermittlung zwischen dem realpolitisch anmutenden Prinzip der versöhnenden Geduld und der normativ-programmatischen Ansehung der gesellschaftlichen Wirklichkeit gab. Dieses Prinzip sah im Verständnis der Demokratie als Lebensform die Notwendigkeit eingebunden, mit der Anerkennung der individuellen Selbstverantwortung zu warten - sowohl auf das ei­genständige Verstehen des begangenen Unrechts als auch auf die Beantwortung der Frage nach persönlichen Verstrickungen. Doch in der Erinnerung als Handlungsform, als ein wichtiger, wenn auch nicht ausschließlicher Ausgangspunkt politischen Handelns, fanden Realpolitik und Kritik ein Gemeinsames, das solange lebendig blieb, als es sich im "Mittun" der Gesellschaft am Prozess der Demokratisierung niederschlug.

 

Ein versöhnliches Moment war dem restaurativen sozialen Leben ohnehin eingepflanzt, da es sowohl die Artikulation als auch das Einbringen zukunftsweisenden Bewusstseins zuließ, während das restaurative Bewusstsein sich keineswegs einer kämpferisch-autoritären Wieder­belebung vergangener Wertvorstellungen hingab. Eugen Kogon und der durch einen christlichen Sozialismus geprägte Walter Dirks sprachen betont von den späten vierziger und frühen fünfziger Jahren als einer Epoche des Übergangs, das Gewicht der restaurativen Wirklichkeit im Alltag des sozialen und politischen Lebens war weder permanent noch unerschütterlich. Es trug, bei aller kritischen Sicht der Gegenwart, bereits den Kern der Erneuerung in sich, dessen Träger - unter ihnen die ehemals Verfolgten des Nationalsozialismus - als "handelnde, erneuernde Minderheiten" im "politischen Unter­holz" der restaurativen Gesellschaft für bessere Aussichten, d.h. nach vorne statt zurückge­wandt arbeiteten. Die NS-Verfolgten waren nicht Mahner, wie Werner A. Zehden im Bund der Verfolgten des Naziregimes bemerkte, die sich mit dem Hinweis auf ihre Anwesenheit begnügten, sondern sie wollten über die Rolle eines "mahnenden Gewissens" hinaus sich aktiv für die demokratische Erneuerung wie die Verteidigung der wiedergewonnenen Freiheiten einsetzen…

 

Fremd im eigenen Land, Teil II Nr. 12
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