Leseprobe: "Der gemeine Soldat", S. 20 ff.
Stille legt sich
Auf betroffene Pflanzen,
In rostigen Dosen
Reste von Wasser,
Trockene Lippen probieren
Geduldiges Blech;
Schmutzige Hände folgen
Den Linien des Schmerzes
Unter dem Olivgrün;
Wissende Augen
Verirren sich im Luftraum;
In der Welt des Blau
Verliert sich jeder Halt –
Verständnis für Fragen
Scheitern
Am fehlenden Netz –
Im Innern
Eines nutzlosen Werkzeugs
Bersten Dämme –
Die Schreie,
Von niemandem gehört,
Entfliehen
In das Irgendwo –
Der gemeine Soldat hat Angst.
Tage
Für den Umsturz,
Die Unabhängigkeit,
Die Verfassung,
Den Geburtstag eines Helden,
Zeremonien
Für den Abschied eines Präsidenten,
Den Empfang eines Gastes,
Das Gedenken an Opfer
Und Aufrechte
Spiegeln sich im Glanz
Gestärkter Uniformen,
Präsentierter Waffen,
Polierter Stiefel;
Die unvermeidliche Musik
Sorgt für Rührung,
Für ein Band der Gewissheit
Berufen zu sein –
Im Innern
Gedrillter Marionetten
Herrscht Aufruhr –
Die Gedanken,
Von niemandem geteilt,
Zerbrechen
An eingeübten Gerüsten –
Der gemeine Soldat hat Angst.
Die Sterne haben sich
Zum Fernbleiben verabredet –
In der Dunkelheit
Suchen die Hände Schutz
Auf geöltem Stahl;
Das Herz fragt sich,
Ob es zum Einsatz kommt;
Die Ohren trauen sich nicht,
Dinge zu ordnen;
Das Zittern lässt
Eine unerwartete Kälte vermuten –
Im Innern
Ohnmächtiger Rekruten
Zieht Leere ein –
Die Antwort,
Von niemandem geteilt,
Findet sich
Im unbändigen Entladen
Der Magazine –
Es ist nur eine Übung –
Doch:
Der gemeine Soldat hat Angst.
Im geschlossenen Geviert,
Der überschaubaren Ordnung
Planvoll gestaffelter Gebäude
Verbinden sich taube Hände
Zu einem Reigen
Des Füreinander;
Der plötzliche Fortgang
Eines Einzelnen
Fordert die Vorsteher heraus,
Das normierte Abschreiten
Des Alltags
Kennt keine Lücken,
Unerwartetes
Muss dem Appell weichen,
Das Ornament der Vielen
Sichert Ruhe –
Im Innern
Engherzig Gebildeter
Naht eine Krise –
Die Gefühle,
Von niemandem geteilt,
Suchen sich
Im Vergessen,
Im Namenlos sein –
Und doch:
Der gemeine Soldat hat Angst.