Die skulpturalen Werke von Berthold Grzywatz konzentrieren sich auf das moderne Ich in seiner individuellen und gesellschaftlichen, in seiner privaten und öffentlichen, Inneres und Äußeres verbindenden Existenz. Die Dialektik von Fragmentie-rungen, Brüchen, Spannun-gen, Gegensätzen und Widersprüchen, die das Sein in der Gegenwart konstituie-ren, sind Ausgangspunkt, um nach Möglichkeiten von Individualität und Selbstbe-stimmung zu fragen. Die Arbeiten verweigern sich linearen Erzählungen, sie zielen vielmehr auf Abstrak-tion ab, um Raum für Strukturen, Beziehungen und Konstellationen zu öffnen, die auf Typisches bzw. Allgemei-nes und Expression verwei-sen.
Da das Herstellen symbolischer und metaphorischer Bilder ein wichtiges Anliegen von Berthold Grzywatz ist, wird der Wahl der Werkstoffe und ihrer Kombination intensive Aufmerksamkeit gewidmet. Er nutzt die biomorphen Qualitäten von Holz, die Möglichkeiten des Metalls für Linearität, Rhythmisierung und Flächenauflösung sowie das kontrastreiche Wechselspiel zwischen Form und Oberfläche beim Gestein, um in seinen Werken Gegensätze von offenen und geschlossenen, von geraden und organischen Formen aufzubauen. Gleichzeitig versucht er durch die Arten der Bearbeitung die vorgegebene Anlage der Materialien miteinander zu verschränken.
In seinen neuen Arbeiten bezieht sich Berthold Grzywatz auf die dialektische Struktur der Wirklichkeit, die sich als Geschehenszusammenhang ebenso als Einheit wie als Differenz darstellt. Er fragt nach den Möglichkeiten eines vernunftgeleiteten, an den Problemen der Zeit orientierten Handelns, das einer ethisch begründeten Humanität verpflichtet ist. In dieser Hinsicht greift Berthold Grzywatz die Problematik des Fremden und Fremdseins auf, die unter dem Gesichtspunkt des Sehens mit dem Verhältnis von Materie und Form verbunden wird. Verletzungen, Situationen des Gebrochenseins und der Spaltung werden angesprochen, ebenso die Ungewissheit und Spiegelungen eines gesonderten Daseins wie die Flucht als notwendiger oder aufgezwungener Ausweg.
Gestalten, Sehen und Verstehen unterliegen, indem sie prozesshaften Charakter tragen, den Problemen des Transformierens. Das Erfassen und Verstehen der Form in ihrem räumlichen Vorhandensein und in ihrer inhaltlich-assoziativen Ausrich-tung fordert das Sehen des Betrachters heraus. Es bleibt dabei nicht beim physiologischen Wahr-nehmen stehen. Das durch die künstlerische Intuition Erschaute und im Werk Umgesetzte möchte ein Erlebnis des Sehens veranlassen, welches die Sicht auf noch nicht Erblicktes anregt und unbekannte Sichtweisen entfaltet.